Allgemein
Kommt eine gelenkerhaltende Therapie aus technischen oder altersbedingten Gründen nicht in Frage, sollte ein teilweiser oder vollständiger Kniegelenkersatz vorgenommen werden, wobei das Prinzip des Oberflächenersatzes, also die sparsame Entfernung von Gelenkanteilen möglichst unter Erhaltung der patienteneigenen Kniebandstrukturen, zum Einsatz kommt.
Ersatz eines einzelnen oder beider Gelenkabschnitte
Der isolierte Ersatz des inneren oder äusseren Gelenkabschnittes (Schlittenprothesen), der Teilersatz hinter der Kniescheibe (unikompartimenteller Patellofemoraler Ersatz) setzt unter anderem voraus, dass die anderen Gelenkabschnitte allenfalls geringe Knorpelveränderungen aufweisen und dass stabile bzw. intakte Bandverhältnisse vorliegen. Unter diesen Umständen ermöglicht diese Form des Oberflächenersatzes einen nahezu natürlichen Bewegungsablauf des Kniegelenkes. Die heute zur Verfügung stehenden sogenannten Oberflächenersatzprothesen werden mit Hilfe genauer präoperativer Planungsskizzen und intraoperativer Präzisionsinstrumentarien implantiert.
Auch beim kompletten Oberflächenersatz ermöglicht die Erhaltung der patienteneigenen Kniebänder einen weitgehend physiologischen Bewegungsablauf. Die Fixation der einzelnen Prothesenkomponenten erfolgt abhängig von der Knochenqualität entweder zementfrei oder unter Benutzung von antibiotikahaltigem Knochenzement. Unabhängig von der Art der Fixation ist in den meisten Fällen eine Haltbarkeit der Prothesen von 10-15 Jahren und länger gewährleistet. Bei ausreichend gutem Gesundheitszustand ist anschliessend eine Wechseloperation ohne weiteres möglich.
Minimalinvasive Techniken
Minimalinvasive Techniken vermindern das operative Trauma und den postoperativen Schmerz, langfristige Standzeiten der eingesetzten Prothesen werden allerdings dadurch nicht beeinflusst. Entscheidend für die Langzeitergebnisse ist eine anatomisch korrekt eingesetzte Gelenksprothese mit einem ausbalancierten Weichteilmanagement (Bandstrukturbalance).
Schlittenprothesen werden immer minimalinvasiv operiert.
Computernavigation Kniegelenkersatz
Die Computernavigation spielt in den europäischen und angelsächsischen Ländern eine unterschiedliche Rolle. Sicher ist, dass mit der Navigation eine exaktere Kontrolle der Achsen während der Operation möglich ist (bis auf 1 Grad genau).
Die Computernavigation hat auch den grossen Vorteil, dass vor den endgültigen Knochenschnitten, eine Planung und Simulation verschiedener Situationen im Operationssaal durchgeführt werden kann und der Operateur während der Operation entscheiden kann, welche der möglichen Varianten das optimalste Implantationsergebnis, mit dem optimalsten Bänderbalancing bietet. Die Computernavigation ist ein hervorragendes Instrument der Qualitätskontrolle für den Operateur und den Patienten.
Massgefertigte patientenindividuelle Knieendoprothesen
Bei den bewährten Knieprothesensystemen stehen uns verschiedene festgelegte Grössen zur Verfügung mit denen wir arbeiten können. Es ist allerdings eine Tatsache, dass jedes einzelne Kniegelenk eine eigene Knochenform, das entsprechende dazugehörige Bandspiel und damit eine eigene Kinematik hat. Mit den Standardprothesen gelingt es meistens diese Kinematik annähernd wieder herzustellen, allerdings müssen wir mit diesen Standardprothesen praktisch immer einen Kompromiss eingehen. Im Klartext heisst das, dass wir das individuelle Kniegelenk eines Patienten der Prothese anpassen müssen. Das Prinzip in der Orthopädie heisst aber, dass wir die entsprechende individuelle Anatomie wieder herstellen wollen. Dies geht allerdings nur in der Knieendoprothetik, wenn wir die Prothese dem individuellen Kniegelenk eines jeden Patienten anpassen und nicht umgekehrt.
Neue Techniken, wie das 3D-Verfahren, eröffnen uns neue Möglichkeiten in der Behandlung unserer Prothesenpatienten. Erstmals ist es jetzt möglich, die Prothese der individuellen Anatomie anzupassen. Die ConforMis-Prothesen werden, basierend auf Computertomograhie-Daten, über eine virtuelle 3D-Rekonstruktion und dann im 3D-Druckverfahren mit Hilfe der CAD/CAM-Technologie hergestellt. Gleichzeitig mit dem individuellen Implantat, werden die individuellen Sägeblöcke hergestellt.
Das Verfahren bietet ausser einer medialen, lateralen und kompletten Prothese, auch die Herstellung von bicompartimentalen Prothesen. Wissenschaftlich konnte belegt werden, dass die Kinematik der Kniegelenke sehr viel besser wiederhergestellt werden kann und dem ursprünglichen Gelenk sehr nahe kommt und die Bewegungsabläufe postoperativ praktisch normal sind. Die klinischen Erfahrungen der ersten Jahre mit den individuellen Prothesen, sind sehr vielversprechend im Bezug auf die Beweglichkeit und das Gefühl ein „normales“ Gelenk zu haben . Der Ansatz der individuell angefertigten Knieprothesen ist als ein zukunftsweisender Weg zu bewerten.
Präoperatives Management
Dem operativen Eingriff gehen ein ausführliches Patientengespräch, eine klinische und radiologische Untersuchung und eine genaue präoperative Planung voraus. Zusätzlich erfolgt eine internistische/anästhesiologische Abklärung samt EKG, Lungenröntgenaufnahme und Blutgruppenbestimmung. Die stationäre Aufnahme des Patienten erfolgt in der Regel am Vortag des Operationstages.
Nachbehandlung
Gelenkersatzoperationen werden ausschliesslich unter stationären Bedingungen durchgeführt. Zur Gewährleistung eines optimalen Operationserfolges bedingt es einer frühzeitigen postoperativen Mobilisation mit Hilfe der Krankengymnastik, wobei abhängig von den erwähnten Implantationstechniken eine schnelle Belastung des operierten Beines erlaubt wird.
Für den überwiegenden Teil der Patienten schliesst sich, nach einem mehrtägigen Klinikaufenthalt ein 2-4 wöchiger Rehabilitationsaufenthalt an. Im Rahmen regelmässiger, engmaschiger ambulanter Kontrolluntersuchungen werden die Fortschritte der Patienten dokumentiert und ggf. eine ambulante Fortsetzung der mobilisierenden Therapie verordnet. Ambulante Nachbehandlungskonzepte sind ebenfalls möglich und sollten im Einzelfall besprochen werden.
Die Nachbehandlung wird durch ein vom Operateur festgesetztes „Schema” festgelegt und dient als Anleitung für den Patienten und den Physiotherapeuten, individuelle Fortschritte des Patienten während der Rehabilitationsphase sollten einfliessen.
Endoprothetik und Sport
Verbunden mit einer schweren Kniegelenkarthrose ist eine deutliche Einschränkung sportlicher Aktivitäten. Die durch den Gelenkersatz erzielte Beschwerdefreiheit lässt den Wunsch nach teilweiser Rückkehr zum Sport aufkommen. International besteht Einigkeit, dass zumindest sogenannte „low-impact“ Sportarten wie Fahrradfahren, Schwimmen, Segeln, Tauchen, Golf und Kegeln unterstützt werden können. Bedingt möglich bzw. ratsam sind Sportarten wie Tennis, Basketball und Skilaufen. Unbedingt vermieden werden sollten Kontaktsportarten (Fussball, Handball etc.).